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Leiter der Lohrer Suchthilfe-Gruppe über närrische Feiern ohne Alkohol

Seit 15 Jah­ren hat Man­f­red Ma­rold kei­nen Trop­fen Al­ko­hol mehr zu sich ge­nom­men. Die ers­ten Jah­re der Tro­cken­heit wird der Lei­ter der Sucht­hil­fe-Grup­pe Lohr des Kreuz­bunds nie ver­ges­sen. Ma­rold hielt sich von al­len Fes­ten fern, bei de­nen Al­ko­hol ge­trun­ken wur­de. Ge­ra­de auch zur Fa­schings­zeit.

Seit 15 Jah­ren hat Man­f­red Ma­rold kei­nen Trop­fen Al­ko­hol mehr zu sich ge­nom­men. Die ers­ten Jah­re der Tro­cken­heit wird der Lei­ter der Sucht­hil­fe-Grup­pe Lohr des Kreuz­bunds nie ver­ges­sen. Ma­rold hielt sich von al­len Fes­ten fern, bei de­nen Al­ko­hol ge­trun­ken wur­de. Ge­ra­de auch zur Fa­schings­zeit.

In­zwi­schen muss der 70-Jäh­ri­ge nicht mehr der­art vor­sich­tig sein. Den­noch freut es ihn sehr, dass heu­er in Würz­burg zum drit­ten Mal ei­ne al­ko­hol­f­reie Fa­sching­s­prunk­sit­zung für die Re­gi­on statt­fin­det. Im Main-Echo-Ge­spräch er­zählt er, warum dies so wich­tig ist.

Herr Marold, nachdem Sie seit 15 Jahren trocken sind, gehe ich davon aus, dass jene Zeit, als Sie mit letzter Anstrengung einen Tag alkoholfrei überstanden haben, weit hinter Ihnen liegt. Bedeuten »normale« Faschingsveranstaltungen für Sie noch eine Herausforderung?

Nein, für mich nicht. Aber grundsätzlich muss man sagen, dass eine Faschingsveranstaltung, bei der Alkohol getrunken wird, für einen trockenen Alkoholiker eine Gefährdung darstellen kann. Vor allem für jemanden, der frisch trocken zu werden beginnt. Ich selbst nehme an Faschingsveranstaltungen teil, bei denen Alkohol konsumiert wird, aber ich gehe spätestens um 23 Uhr. Danach fühlt man sich als trockener Alkoholiker einfach nicht mehr zugehörig.

Allein, dass eine alkoholfreie Prunksitzung als etwas sehr Besonderes angesehen wird, macht einem bewusst, dass Fasching unglaublich eng mit dem Thema Alkohol verknüpft ist.

Ja, das eine scheint ohne das andere nicht zu gehen. Wir treten den Gegenbeweis an. Und ich kann Ihnen versichern: Bei uns ist es sogar noch lustiger. Ich persönlich habe, seit ich nicht mehr trinke, an solchen Veranstaltungen viel mehr Freude als früher, weil ich bewusst mitbekomme, was geboten wird. Mein Verstand ist nicht mehr durch Alkohol benebelt. Ich muss allerdings zugeben, dass auch ich bei der ersten alkoholfreien Faschingsprunksitzung 2019 skeptisch war. Dennoch unterstützte ich sie, denn ich war auch neugierig. Es war ein Experiment. Und es gelang!

Es heißt, man muss als ehemals Süchtiger Rückfälle immer als ein Risiko einkalkulieren. Würden Sie sagen, dass die Rückfallgefahr in der Faschingszeit generell hoch ist?

Ja, das ist so. Eine andere Gefahr stellt die Weihnachtszeit dar. Auch da sind trockene Alkoholiker emotional sehr gefordert. Als Leiter der Suchthilfe-Gruppe des Kreuzbundes in Lohr ist es mir wichtig, die Mitglieder auf genau diese Gefährdungen vorzubereiten.

Wie viele Mitglieder gehören Ihrer Gruppe an?

Etwa acht bis zehn im Moment.

Und gab es im letzten Jahr Rückfälle?

Zum Glück gab es in meiner Gruppe keinen Rückfall. Ich weiß aber aus anderen Kreuzbund-Gruppen in Unterfranken, dass es durchaus Rückfälle an Weihnachten oder auch in der letzten Faschingszeit gab.

Manche Menschen sagen, ihnen dreht sich der Magen um, wenn sie nur an Fasching denken. Sie können dem Ganzen überhaupt nichts abgewinnen. Sind Sie selbst denn ein Faschingsfan? Oder eher ein Faschingsmuffel?

Nein, ein Faschingsmuffel bin ich nicht, aber es ist auch nicht so, dass ich ohne Fasching nicht leben könnte. Grundsätzlich lache ich gerne. Ich mag gelungene Sketche und sprachlich geschliffene, kritische, politische Darbietungen. Am liebsten lache ich, wenn andere in einer Runde befreit mitlachen. Dass dies geht, das ist das Wertvolle an einer alkoholfreien Faschingssitzung. Solche Veranstaltungen sind im Übrigen deshalb so wichtig, weil Alkoholismus sehr oft mit einer Depression einhergeht. Bei einer alkoholfreien Faschingsveranstaltung können trockene Alkoholiker aus ihrer tristen Stimmung gerissen werden.

Menschen, die schon zu normalen Zeiten gern einen picheln gehen, werden sich kaum zu einer alkoholfreien Faschingsveranstaltung verirren. Haben Sie das Gefühl, dass zu Ihrer Veranstaltung tatsächlich nur trockene Alkoholiker und ihre Angehörigen kommen?

Nein, gerade beim letzten Mal hatte ich den Eindruck, dass es viel mehr Menschen gibt, als man glaubt, die bei einer Faschingsveranstaltung keinen Alkohol trinken müssen. Das hat mich sehr gefreut. Natürlich kommen Leute, die jeden Abend in die Kneipe gehen, nicht zu einer solchen Veranstaltung. Aber das sind gar nicht so viele. Wenn ich ins Restaurant gehe, glaube ich zu beobachten, dass es heute mehr Menschen als früher gibt, die zum Essen kein Bier und keinen Wein, sondern ein alkoholfreies Getränk bestellen. Und während bei unserer ersten alkoholfreien Prunksitzung 2019 noch einige Tische leer blieben, war die Veranstaltung letztes Jahr wirklich gut besucht.

Was die Veranstaltung selbst anbelangt, könnte man auf den Gedanken kommen, dass trockene Alkoholiker nun eine eigene Prunksitzung sozusagen als Trost bekommen, weil »normale« Faschingsevents für sie zu gefährlich wären.

Nein (lacht), das ist keine Trostveranstaltung, die Prunksitzung wird vom Veranstalter, der Faschingsgesellschaft Dürrbacher Kaviar, genauso gut vorbereitet wie jede andere. Interessant ist übrigens, dass auch ein Mitglied der Kreuzbund-Selbsthilfe, nämlich Werner Müller, mitwirkt. Auch er ist ein trockener Alkoholiker. Er tritt bei Prunksitzungen in Theaterstücken und Sketchen auf. Also nicht nur bei alkoholfreien Sitzungen, sondern auch dort, wo Alkohol konsumiert wird. In dieser Hinsicht ist er in der Szene der Suchtselbsthilfe ein Vorbild.

Kam es denn bisher Ihres Wissens schon zu Verstößen gegen die Alkoholfreiheit, und – falls ja – wie wird denn ein Verstoß geahndet?

Natürlich lässt sich nicht kontrollieren, ob ein Gast unserer alkoholfreien Prunksitzung heimlich auf der Toilette oder auf dem Parkplatz Alkohol konsumiert. Das will aber auch niemand kontrollieren. Ich selbst habe bei den beiden bisherigen Veranstaltungen im Raum keinen einzigen Ausrutscher gesehen. Nachdem ich die Veranstaltung ja unterstütze, unter anderem durch Öffentlichkeitsarbeit, hätten mir andere davon sicher berichtet, wäre dies geschehen. Wenn ein trockener Alkoholiker zu dieser Veranstaltung geht, ist die Motivation, trocken zu bleiben, garantiert sehr hoch. Aber auch Angehörige halten sich ganz offensichtlich daran, dass bei uns kein Alkohol getrunken wird.

Skulptur

Friedrich März, alkoholbetroffenes Mitglied meiner Gruppe Lohr 1 hat mit geschickten Händen und unter Verwendung von Baustahlstäben die im beigefügten Bild gezeigte Skulptur geschaffen. Er hat sie „Vorher – Nachher“ genannt. Er wollte zeigen wie es ihm zu Zeiten seines exzessiven Alkoholkonsum  ging und wie er sich jetzt trocken durch den regelmäßigen Besuch der Gruppe fühlt.

Selbsthilfekontaktstelle „Aktivbüro“

Die Gruppen des Kreuzbundes in der Diözese Würzburg arbeiten seit vielen Jahren eng mit der Stadt Würzburg und seiner Selbsthilfekontaktstelle „Aktivbüro“  zusammen. In dieser städtischen Einrichtung befindet sich auch die Selbsthilfeförderstelle der bayerischen gesetzlichen Krankenkassen, die sich auch um die  finanzielle Ausstattung der Kreuzbundgruppen in unserem gesamten Verbandsgebiet kümmert. Im Rahmen der Anerkennungsfeier für das Universitätsklinikum Würzburg als „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ hatten Gruppenleiter Manfred Marold, Lohr 1 und Susanne Steinig von Phönix Gelegenheit sich bei der Sozialreferentin der Stadt Würzburg und CSU – Bezirksrätin Dr. Hülya Düber (i.d.Mitte) für die vielfältige Unterstützung zu bedanken. 

Das Uniklinikum Würzburg feierte seine erneute Auszeichnung für Selbsthilfefreundlichkeit

Das Uniklinikum Würzburg darf sich auch weiterhin als „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ bezeichnen. Die erneute Auszeichnung wurde am Internationalen Tag des Ehrenamts mit einem würdigen Festakt gefeiert.

 

Würzburg. Am 5. Dezember, dem Internationalen Tag des Ehrenamts, lud das Uniklinikum Würzburg (UKW) alle an seinem Selbsthilfefreundlichkeitsprozess beteiligten Persönlichkeiten, Gruppen und Einrichtungen zu einem Festakt ins Exerzitienhaus Himmelspforten in Würzburg ein. Anlass war die erneute Auszeichnung als „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“. So darf sich das UKW schon seit dem Jahr 2019 nennen. Voraussetzung dafür war das Erfüllen der vom bundesweiten Netzwerk „Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen“ geforderten Qualitätskriterien. Gemäß dem vom Netzwerk gepflegten dreijährigen Turnus stand heuer eine erneute Bewerbung um diesen Titel an. Dazu legte das UKW einen Qualitätsbericht mit detaillierten Informationen und Nachweisen zur bisherigen Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen zur Selbsthilfefreundlichkeit vor. Mit Erfolg: Nach der Überprüfung durch das Netzwerk wurde kürzlich die Auszeichnung für weitere drei Jahre erteilt. „Dieses hocherfreuliche Ergebnis war für uns natürlich ein Grund zum Feiern“, sagt Gabriele Nelkenstock, die externe Selbsthilfebeauftragte des UKW. Rund 100 Gäste aus der „Selbsthilfe-Szene“ folgten der Einladung.

Eine besondere Wertschätzung der Selbsthilfe
Der Festakt startete mit einer Andacht unter Leitung von Clemens Bieber, dem Domkapitular des Bistums Würzburg. Bei den anschließenden Ansprachen betonte Prof. Dr. Jens Maschmann, der Ärztliche Direktor des UKW, die Bedeutung der Selbsthilfegruppen beim „Zurechtkommen mit der Erkrankung“ – eine Unterstützung, die vom medizinischen und pflegerischen Personal des Klinikums nur bedingt geleistet werden könne.
Diese besondere Wertschätzung der Selbsthilfe durch das UKW drückt sich nach den Worten von Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt nicht zuletzt durch die Organisation einer solchen würdigen Festveranstaltung aus. Das Stadtoberhaupt nutzte sein Grußwort auch, um an das große Engagement der in diesem Jahr verstorbenen Landtagspräsidentin a.D. Barbara Stamm für die Belange der Selbsthilfe zu erinnern.
Dr. Hülya Düber, die Sozialreferentin der Stadt Würzburg, dankte allen Beteiligten für ihr Durchhaltevermögen auch unter den teils schwierigen Bedingungen der Corona-Pandemie.

Engagement mit Außenwirkung
Dass die Covid-Herausforderungen auch als Chance genutzt wurden, arbeitete Kathrin Speck heraus. „Der Selbsthilfe-Prozess ist durch digitale Lösungen gut vorangekommen“, so die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Unterfranken. Nach ihren Beobachtungen entfaltet das Engagement des UKW außerdem eine zunehmende Außenwirkung: Immer mehr Kliniken der Region würden sich für den Prozess der Selbsthilfefreundlichkeit interessieren.

Viele Verbesserungen seit der Erstauszeichnung
Die in den vergangenen Jahren am Uniklinikum Würzburg erzielten Verbesserungen beschrieb Dr. Renate Fiedler, eine der beiden ehrenamtlichen Selbsthilfevertreterinnen des UKW. „Die Selbsthilfe ist nahezu in allen Bereichen durch Plakate und Flyer sichtbar, Gabriele Nelkenstock steht als Ansprechpartnerin den Selbsthilfegruppen zur Verfügung, wenn Räume oder Experten für Vorträge gesucht werden oder es sonstige Probleme zu bewältigen gilt“, schilderte Dr. Fiedler. Sie gratulierte dem Klinikum zur erneuten Auszeichnung und schloss für die Zukunft mit einer etwas modifizierten Version des Slogans des Selbsthilfefreundlichkeits-Prozesses am UKW: Gemeinsam (noch) besser.

Beim Festakt wurde stolz die Urkunde zur erneuten Auszeichnung als „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ präsentiert. Von links: Christian Schuchardt (Würzburger Oberbürgermeister) Gabriele Nelkenstock (externe Selbsthilfebeauftragte des UKW), Kathrin Speck (Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Unterfranken), Susanne Just (stellvertretende Selbsthilfebeauftragte des UKW), Dr. Gerhard Schwarzmann (Steuergruppe Selbsthilfe am UKW) und Dr. Hülya Düber (Sozialreferentin der Stadt Würzburg). Bild UKW / Angie Wolf